Seit ich 2006 meinen ersten Halbmarathon gelaufen bin, hatte ich immer das Fernziel, auch mal einen Ganzen zu schaffen. Aus den unterschiedlichsten Gründen habe ich dieses Ziel aber nie ernsthaft verfolgt und zeitweise auch ganz aus den Augen verloren.
Zu Beginn des Jahres nahm ich mir vor, dieses Jahr diesen Wunsch mal voranzutreiben und ich studierte diverse Trainingspläne, las Marathonberichte und machte mir dann meinen eigenen Trainingsplan. Eigentlich enthielt er nur Kilometer- und Zeitvorgaben für den wöchentlichen langen Lauf und die Verpflichtung, drei Mal in der Woche zu trainieren, da mein Ziel nur das „gesund ankommen“ war.
Im Februar ging es dann los, anfangs noch sehr gemächlich mit 15 km am WE in einem sehr langsamen Tempo und regelmäßigem Lustlauftraining. Anfangs machte ich die langen Läufe in meinem Heimrevier am Dreiländerpunkt oder um die Windräder in Orsbach herum, sodass ich immer auch etliche Höhenmeter machen musste. Die langen Läufe wurden schnell länger; in der fünften Woche standen dann 25km an, soweit war ich bis dahin noch nie gelaufen, aber es ging erstaunlich gut und machte sogar Spaß!
Nachdem Daniela mich fragte, ob wir nicht mal am Wochenende zusammen laufen wollten, weihte ich sie in meine Pläne ein und auf dem nächsten langen Lauf begleitete sie mich ein Stück. Von da ab sind wir fast jedes Wochenende zusammen gelaufen, verlagerten dies allerdings auf den Vennbahnweg, da ich inzwischen bei 30 km Trainingsstrecke angekommen war und man dort deutlich weniger Höhenmeter hat und die Strecke auch längst nicht so windanfällig ist wie die Felder in Orsbach. Ich lief also meist eine gewisse Strecke allein, sammelte Daniela dann an der Bahnhofvision ein und dann liefen wir zusammen, quatschen die ganze Zeit und motivierten uns gegenseitig und schon waren wir wieder an der Bahnhofvision. Zur Belohnung gab es dann auf der Terrasse ein dickes Stück Käsekuchen! Wir sind ja Lustläufer!
Die ganze Zeit über blieb ich zum Glück gesund und auch das Wetter war mir sehr gewogen. Bis auf einmal, wo es zwischendurch mal leicht nieselte, blieb es immer trocken, es war oft angenehm warm und das erleichterte die Vorbereitung ungemein.
Und gestern war es dann endlich soweit. Die Sonne strahlte, ich war gut drauf, nur mega nervös. Mein Mann begleitete mich morgens nach Visé, hatte sein Fahrrad dabei, damit er mich unterwegs immer wieder treffen konnte und versuchte, mich zu beruhigen. Ich stellte mich ganz hinten an den Start, denn oberste Divise war für mich langsames Loslaufen, in Ruhe mein Tempo finden und dies so lange es geht durchhalten. Kurz vor dem Start wünschten mir noch Doris, Gaby, Ralf und Udo, die die Staffel bzw. den 9,1 km Lauf in Angriff nehmen wollten, und 30 min. nach mir starteten, alles Gute und dann ging es endlich los. Nach 4 km hatte ich das Gefühl: es läuft. Ich konnte die Ausblicke auf die Maas genießen, die Bands, die immer wieder zur Unterstützung am Rande spielten und ich fühlte mich gut. Immer wieder stand mein Mann an der Strecke und begleitete mich teilweise auch ein bisschen und reichte mir frische Taschentücher und füllte meine Trinkflaschen auf (ich hab mich komplett eigen-versorgt, obwohl es ausreichend Getränkestände gab, aber ich kann aus den Bechern nicht trinken und hatte daher einen Gurt mit Flaschen dabei!). Schon hatte ich die Hälfte geschafft und dort wartete Ralf in der Wechselzone auf Doris, die den ersten Teil der Staffel gelaufen und nicht weit hinter mir war. Ralf überholte mich dann kurz danach und dann war ich auch schon in Maastricht. Als es bei einer Brückenüberquerung, wo die Spur durch einen Fahrradcorso, der für die Tihange-Menschenkette Werbung machte etwas stockte, schloss ein Mann zu mir auf, der mich auf unseren Verein ansprach, da er schon mehrere unserer Trikots gesehen hatte. Er lief mit 79 Jahren seinen 478.Marathon und wünschte mir noch alles Gute! Sehr beeindruckend!
Hinter Maastricht ging es anfangs wieder am Fluss entlang, das Laufen fiel mir zunehmend schwerer und die Kilometerzeiten wurden langsamer, aber ich hatte ja auch schon mehr als 3/4 Drittel der Strecke hinter mir. Plötzlich sah ich vor mir jemanden im Lustlauf-Trikot, humpelnd, das konnte nur Ralf sein. Er hatte muskuläre Probleme, konnte kaum gehen, an Laufen war nicht mehr zu denken und ich versprach ihm Hilfe durch meinen Mann, der mich kurz danach auch wieder an der Strecke traf. Ich gab Patrick also mein Handy mit Udos Nummer und da er mit seinem Rennen schon lange fertig war, holte er Ralf ab! Mental zog mich das allerdings total runter. Ich wollte Ralf erst im Ziel wieder sehen und hatte eigentlich auch keine Lust mehr zu laufen und mein Kopf war langsam müde, meine Waden taten weh und es war warm und ich wollte gerne jammern aber Patrick hatte noch nicht wieder zu mir aufgeschlossen und sonst hörte auch keiner zu. Also lief ich weiter, ab und zu ging ich und dann sah ich Patrick auch schon wieder und bekam Cola und gutes Zureden zur Aufmunterung! Die letzten fünf Kilometer waren wirklich eine Qual. Ich hatte vorher immer gedacht, dass man die dann wieder lockerer laufen kann, weil man weiß, dass es bald vorbei ist, aber fünf Kilometer können so verdammt lang sein und meine Beine hatten schon lange genug! Als ich wieder einmal gehen musste, wurde ich durch lautes Gehupe aufgeschreckt: die Lustläufer überholten mich mit dem eingesammelten Ralf und ich trabte wieder an, denn ich wollte unbedingt das Ziel erreichen.
Ungefähr einen Kilometer vor dem Ziel nahmen mich Doris, Gaby, Udo und Patrick (sein Fahrrad schiebend!) in die Mitte und begleiteten mich bis kurz vor Schluss. Das puschte noch mal ungemein und so war der letzte Kilometer der Schnellste auf der gesamten Strecke! Und dann kam endlich der Zielbogen und ich hatte meinen ersten Marathon gefinished!
Am Ende bin ich sogar unter fünf Stunden geblieben (4:58,01) und ich bin mega stolz und glücklich.
Vielen Dank an die Lustläufer für eure Unterstützung und gute Besserung an Ralf!
Ganz vielen Dank auch an Daniela für die vielen langen Trainingsläufe, die uns ja beiden gut getan haben :)
Zu Hause gab es dann einen von meiner Tochter zu Muttertag gebackenen Käse-Erdbeerkuchen, noch besser als der von der Bahnhofvision!